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April 2011

† Robert Tear

Mit Robert Tear hat die Welt am 29. März einen großen Künstler verloren. Im deutschsprachigen Raum ist er vor allem als hervorragender Sängerdarsteller bekannt geworden, an der Bayerischen Staatsoper beispielsweise als Loge in Wagners Rheingold, Herodes in Strauss’ Salome oder als überwältigend komischer Titelheld von Janáčeks Ausflügen des Herrn Brouček. Robert Tear
Robert Tear
Foto: Ben Campbell-White
Doch das Etikett des „Charaktertenors“ droht bisweilen und besonders im Fall von Robert Tear, die Schönheiten des Gesangs – ein klares, einprägsames Timbre, Agilität und Nuanciertheit – zu verdecken und die vokale Charakterisierungskunst eines Sängers in den Mittelpunkt zu stellen. Zweifelsohne hat Robert Tear Letztere souverän beherrscht, wofür auch der Livemitschnitt von Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria mit dem walisischen Tenor als Hirte Eumeo in der Edition Salzburger Festspieldokumente unter den unzähligen Aufnahmen mit ihm ein beredtes Zeugnis bietet. Dass er Monteverdi in diesem Fall in Hans Werner Henzes Neufassung interpretiert hat, ist für die Karriere von Robert Tear ebenfalls sinnbildhaft, war er doch zeitlebens in „Alter“ und „Neuer“ Musik zuhause. Nach den Anfängen im Chor des King’s College von Cambridge waren rasche Erfolge in Ur- und Erstaufführungen von Benjamin Britten und Michael Tippett für ihn kein Hinderungsgrund, auch an der originalen Aufführungspraxis, vor allem bei Händel und Mozart, teilzunehmen – und in späteren Jahren durchaus kritische Beobachtungen über sie kundzutun. Überhaupt war er als universeller Kunstliebhaber und ­sammler um manches scharfe ästhetische Urteil nicht verlegen, wie man in zwei Büchern aus seiner Feder nachlesen kann. Nicht zuletzt war Robert Tear ein ausgezeichneter Lied- und Oratoriensänger, dessen Repertoire von Dowland und Bach über Schubert bis hin zu Britten reichte. In seinen abwechslungsreichen Liederabenden trat er gerne mit Begleitern auf verschiedenen Instrumenten, neben dem Konzertflügel häufig mit Gitarre, auf. Vereinzelt blieben die Ausflüge ans Dirigentenpult, während er als Gesangslehrer und als Juror (z. B. beim jüngsten internationalen ARD-Musikwettbewerb für Gesang 2009 in München) bis zuletzt präsent war.

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