ORFEO International

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Januar 2007

ORFEO 1 CD C 138 851 A

Werner Hollweg † 1.1.2007

Von Werner Hollweg
Werner Hollweg
Foto: Ellinger/ORFEO
den Vorbereitungen zur Münchner Uraufführung von Idomeneo berichtete Mozart seinem Vater, welche Schwierigkeiten er dabei hatte, beim Protagonisten den koloraturengewandten und bühnengerechten Ausdruck auszubalancieren. Wer Werner Hollweg in dieser Titelrolle oder der von La clemenza di Tito gehört hat, dürfte einen Eindruck vom goldenen Mittelweg zwischen beiden Polen erhalten haben. Hollwegs Stimme verfügte über den notwendigen (und so häufig vermissten) dramatischen Kern und die Attacke, um die inneren Konflikte der Figuren plastisch modellieren zu können. Gleichzeitig konnte er sich eine leicht ansprechende, präzise und geschmeidige Tongebung erhalten, die es erst möglich macht, allen Anforderungen solcher Partien gerecht zu werden. Bezeichnenderweise wurde Hollweg von Dirigenten der romantischen Musiziertradition und der Alte-Musik-Bewegung gleichermaßen engagiert und geschätzt. Dass er überdies zu den „mitdenkenden“ Vertretern seiner Zunft gehörte, hat er für ORFEO in Mozarts Zaide W.A. Mozart: Zaide
W.A. Mozart: Zaide
F. Schubert: Lazarus
F. Schubert: Lazarus
unter Beweis gestellt, in der er zusätzlich zur Partie des Gomatz die textliche Einrichtung des Singspiel-Fragments übernommen hat (C 055 832 I). Eine ebenfalls unvollendete Rarität im Katalog, Schuberts Lazarus, hat er, ein weiteres Mal in der Titelpartie, um seine Mitwirkung bereichert (C 011 101 A). Sein Name und Können ergänzen außerdem den exquisiten Mitschnitt von Haydns Die Jahreszeiten, die sich unter Rafael Kubelik und mit Edith Mathis und Franz Crass als Gesangspartner kaum schöner gesungen denken lassen (C 477 982 I). J. Haydn: Die Jahreszeiten
J. Haydn: Die Jahreszeiten
G. von Einem: Dantons Tod
G. von Einem: Dantons Tod
Stets übte er kluge Vorsicht und ließ sich selbst von Herbert von Karajan nicht zu Experimenten wie dem Verdi-Requiem überreden (was der Zusammenarbeit miteinander keinen Abbruch tat). Dass Hollweg gleichwohl neugierig und offen, auch für das Musiktheater des 20. Jahrhunderts blieb, belegt sein souveräner Umgang mit der Figur des Camille Desmoulins in (C 102842 H) Gottfried von Einems Dantons Tod. Ein vielseitiger Künstler und gefragter Lehrer ist der Opern- und Konzertwelt verlorengegangen.

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