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Dezember 2011

Zum 75. Geburtstag von Grace Bumbry

Eine lebende Legende ist Grace Bumbry, die am 4. Januar 2012 ihren 75. Geburtstag feiert, allein schon durch ihr Debüt bei den Bayreuther Festspielen 1961 – als „schwarze Venus“ in der Produktion von Wieland Wagner. Grace Bumbry
Grace Bumbry
Für die spätere Karriere und das Repertoire der Sängerin aus St. Louis, Missouri, war dieser Auftritt allerdings nur bedingt wegweisend. Es ist vor allem das italienische und das französische Fach, in dem Grace Bumbry Maßstäbe gesetzt hat, und zwar sowohl in Sopran- als auch in Mezzopartien (wie sie übrigens von Wagners Venus sowohl die hohe als auch die spätere tief gelegene Version gesungen hat). Schon drei Jahre nach dem sensationellen Einstand in Bayreuth war sie als Verdis Lady Macbeth bei den Salzburger Festspielen zu erleben, wie auf dem Grünen Hügel mit Dietrich Fischer-Dieskau als Bühnenpartner und unter der musikalischen Leitung von Wolfgang Sawallisch. Der komplette Mitschnitt der Macbeth-Premiere, der in der Reihe Festspieldokumente erschienen ist, zeigt, warum Grace Bumbry damals erneut als Sensation des Abends gefeiert wurde. Die Balance zwischen schneidender Brillanz (gleichwohl frei von Schärfen) und ausdrucksstarker Charakterisierung kommt einer Modellinterpretation nahe. In den folgenden Jahren hatte Grace Bumbry noch mehrfach Gelegenheit, sich dem Salzburger Festspielpublikum als Liedsängerin und Bizets Carmen unter der Leitung von Herbert von Karajan zu präsentieren. Wie flexibel und stilistisch abwechslungsreich ihre Partienwahl in den 70er und 80er Jahren blieb, lässt sich an der Arienplatte bei Orfeo studieren, die sie mit dem RSO Stuttgart unter Stefan Soltesz aufgenommen hat: die beiden Leonora-Figuren Verdis, aus La forza del destino und Il trovatore, sind hier ebenso vertreten wie Repertoire aus der klassischen und romantischen Periode der Opernreform von Gluck und Cherubini. Und auch Spätromantisches und Verismo, aus Ponchiellis La Gioconda, Massenets Le Cid oder Cileas Adriana Lecouvreur belegen, warum Grace Bumbry der Rang einer Primadonna assoluta im eigentlichen Wortsinn zusteht – einer erstklassigen Sängerin, für die offenbar keine Fach- oder Epochengrenze eine Hürde darstellt, die nicht doch zu überwinden ist.

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