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Mai 2010

† Anneliese Rothenberger

Der Preis für hohe Popularität in der Kunst ist mitunter hoch. Größte Erfolge im seriösen Fach können in der öffentlichen Wahrnehmung durch vermeintlich „minderwertige“ Auftritte im Unterhaltungsgenre verstellt werden. C 328 931 B
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C 429 962 I
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C 392 952 I
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C 651 053 D
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Bisweilen ist es Anneliese Rothenberger so ergangen, nachdem sie in den 50er und 60er Jahren im Repertoire des lyrischen Soprans mit Koloratur zur unumstrittenen Weltelite gehörte. Die künstlerische Reife der Sängerin hat gleichwohl nie unter ihrer Beliebtheit bei einem breiten Publikum gelitten, im Gegenteil: urteilsfähiger und weiser als manch eine(r) ihrer Zunft zog sich Anneliese Rothenberger in den 80er Jahren aus dem aktiven Sängerleben zurück. Noch wichtiger wurde ihr zu dieser Zeit die Förderung des Sängernachwuchses, der sie sich schon vorher verschrieben hatte. Will man sich ein Bild von der Vielseitigkeit Anneliese Rothenbergers im Zenith ihrer Opernkarriere machen, ist einmal mehr die Edition „Salzburger Festspieldokumente“ von großer Aussagekraft: Wer außer Anneliese Rothenberger hätte beispielsweise innerhalb von fünf Jahren unter George Szell die Weltpremieren von Liebermanns Penelope und Die Schule der Frauen an der Spitze erlesener Ensembles zum Erfolg geführt, um dann am selben Ort mit Lisa Della Casa das ideale Schwesternpaar in Strauss’ Arabella zu bilden? Und wer hätte schließlich, im Jahrzehnt nach diesen Triumphen in Werken des 20. Jahrhunderts, das Publikum Salzburgs als genuine Mozart-Sängerin bezaubert? Insgesamt drei Sommer lang war sie die Konstanze in der legendären Entführung aus dem Serail vom Leitungsteam Giorgio Strehler/Zubin Mehta, zwei Spielzeiten davon an der Seite von Fritz Wunderlich. Dieser habe in seiner letzten Festspielsaison, wie Anneliese Rothenberger später erzählte, Autogramme mit dem makabren Vermerk „in memoriam“ gegeben. Nun ist der Salzburger Mitschnitt mit beiden zu einem doppelt wehmütig stimmenden, zugleich aber seinesgleichen suchenden Erinnerungsstück an diese singuläre Bühnen-Partnerschaft geworden.

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