ORFEO International – Pressetexte

Wichtige Veröffentlichungen kurz vorgestellt

August 2009

Salzburger Festspieldokumente 2009

Auch im Sommer 2009 wartet die Reihe der Salzburger Festspieldokumente, C 799 091 B
C 799 091 B
in der seit 1992 bei Orfeo besonders denkwürdige Auftritte und Interpretationen der Festspiele auf CD erscheinen, wieder mit mehreren Neuveröffentlichungen aus verschiedenen Sparten auf. Erneut entfällt dieses Jahr ein starker Akzent auf die Kontinuität von künstlerischen Bindungen, ihre Ausgangspunkte und gelegentliche, erfreuliche Abweichungen vom Gewohnten: zu letzteren wäre beispielsweise die Neuedition des ersten und einzigen Salzburger Festspiel-Liederabends zu rechnen, den Lisa Della Casa 1957 im Mozarteum mit Arpad Sándor am Flügel gab. Nicht nur als Strauss-Interpretin, sondern auch als meisterhafte Gestalterin des (spät-)romantischen Kunstliedes von Schubert bis hin zu Wolf und einiger Volksliedbearbeitungen von Brahms und Ravel konnte sich die legendäre Schweizer Sopranistin, die im Februar diesen Jahres ihren 90. Geburtstag gefeiert hat, hier profilieren und zu Recht feiern lassen.

Ebenfalls C 798 091 B
C 798 091 B
im Mozarteum gab ein Jahr später Pierre Fournier, in einem Solistenkonzert mit Franz Holetschek als Klavierpartner, seinen verspäteten Einstand bei den Festspielen – und bestätigte seinen Ruf als „Aristokrat des Cellos“, der sich an einem Abend souverän so unterschiedlichen Herausforderungen wie der Kantabilität von Brahms’ Cellosonate op. 99, dem Furor und der technischen Waghalsigkeit von Kodálys op. 8 und Debussys klassizistischer Formgebung in seiner Cellosonate von 1915 stellen konnte – und dieses Programm noch mit Tschaikowskys Rokoko-Variationen krönte. Kein Wunder, dass Fournier nach diesem glanzvollen Debüt auch in den folgenden Jahren ein gern gesehener (und gehörter) Gast an der Salzach war.

Ein C 795 091 B
C 795 091 B
weiteres Debüt der Festspielsaison 1958 betraf gleich ein ganzes Symphonieorchester, und zwar mit dem Concertgebouw Orkest Amsterdam eines der weltweit renommiertesten und flexibelsten der Zunft. Am ersten Abend einer Debütserie von fünf Konzerten spielten die holländischen Gäste ein reines Mozart-Programm mit den beiden g-Moll-Symphonien KV 183 und KV 550 sowie dem Es-Dur-Klavierkonzert KV 449. Hochpräzise bei der Vorgabe der Phrasierung bestätigt sich Wolfgang Sawallisch auch noch im Livemitschnitt als Mozart-Interpret von großem Format (nachdem er im Jahr 1957 als Tristan-Dirigent bereits auf dem Grünen Hügel gefeiert worden war). Als Pianist bereits in vergleichbarem Ruf stand Friedrich Gulda, der gemeinsam mit Sawallisch im Klavierkonzert einen Ruhepunkt setzte, und so den virtuosen Erwartungen, bereits ein wenig im Stile des musikalischen „Chamäleons“ späterer Jahre, begegnete.

Unerschütterlich C 796 091 B
C 796 091 B
monumental muten demgegenüber die Salzburger Auftritte von Wilhelm Backhaus an, den es im Jahr seines 125. Geburts- und 40. Todestags 2009 doppelt zu würdigen gilt. Mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm sind im Archiv des Österreichischen Rundfunks zwei Klavierkonzerte erhalten und nun auf CD gebannt, die Backhaus 1960 und 1968 im Großen Festspielhaus gespielt hat – in hohem Alter, aber ohne künstlerische Kompromisse. Mozarts letztes Klavierkonzert B-Dur KV 595 spielt Backhaus äußerst delikat und gleichsam entrückt, während er es in Brahms 2. Klavierkonzert, wo es vonnöten ist, nicht im Entferntesten an wuchtigem Akkordspiel und donnernden Tastenläufen fehlen lässt. Mit einem nicht weniger mit den Partnern (und sich selbst) strengen Klangarchitekten wie Karl Böhm gerät dabei gleichwohl nie die sorgfältige Strukturiertheit ins Hintertreffen, die Brahms’ Konzert durchgehend zugrunde liegt.

Dass C 793 093 D
C 793 093 D
die Arbeit am „unmöglichen Kunstwerk“ Oper gelegentlich des ordnenden Zugriffs eines starken künstlerischen Leitungsteams bedarf (und sich dieser bezahlt macht), zeigt die Fassung von Jacques Offenbachs Les Contes d’Hoffmann, mit der James Levine und Jean-Pierre Ponnelle Anfang der 80er Jahre das Festspielpublikum im Bann hielten. Im zweiten Jahr nach der Premiere, 1982, stand ein Plácido Domingo in Bestform als Protagonist auf der Bühne des Großen Festspielhauses – mit zwei brillanten jungen Partnerinnen: Catherine Malfitano stellte sich erfolgreich der Dreifach-Belastung, an einem Abend Olympia, Antonia und Giulietta zu singen; Ann Murray war in der Doppelrolle Muse-Nicklausse und ihren zum Zeitpunkt der Aufführung noch weitgehend unbekannten, von Fritz Oeser neu editierten Solonummern eine Idealbesetzung. Mit dem überaus gestaltungsfreudigen José van Dam in den Partien der Bösewichter und dem untrüglichen Theaterinstinkt James Levines am Pult der Wiener Philharmoniker wurde die Opéra fantastique im doppeltem Wortsinne Realität.

Ein an den C 794 092 I
C 794 092 I
literarischen Naturalismus und musiktheatralen Verismo anknüpfendes Bühnenwerk hat Hans Werner Henze 1990 mit dem Verratenen Meer nach Yukio Mishimas Roman Gogo no Eiko komponiert. Unter dem Originaltitel und in der Originalsprache dieser Vorlage entstand auf Anregung des Dirigenten Gerd Albrecht hin eine Neufassung, die bei den Festspielen 2006 präsentiert wurde. Unter Albrechts Leitung brachte das Orchestra Sinfonica Nazionale della Rai die an Klangfarben schillernde Partitur kongenial zum Klingen – das Spektrum reicht von exotischen Anklängen über Großstadtimpressionen bis zu den Stimmungsbildern einer Liebesgeschichte und des Dramas um Jugendgewalt, die bis zur unheilvollen Kollision am Ende der Oper stetig enger miteinander verflochten werden. Mit der Sopranistin Mari Midorikawa, dem Tenor Jun Takahashi und dem Bariton Tsuyoshi Mihara ist ein Sängertrio zu hören, dass das fatale Dreiecksverhältnis von Mutter, halbstarkem Jugendlichen und Stiefvater stimmdarstellerisch packend umsetzt; ein weiterer Beweis für die bei den Salzburger Festspielen nie außer Acht gelassene Repertoire-Erweiterung, die spannungs- und qualitätsvolle Gegenüberstellung von Altem und Neuen.

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