ORFEO International – Pressetexte

Wichtige Veröffentlichungen kurz vorgestellt

Januar 2006

ORFEO 1 CD C 664 061 A

Als die „Oper aller Opern“ hat der romantische Dichter-Musiker E.T.A. Hoffmann Don Giovanni bezeichnet. Das Erfolgsteam Wolfgang Amadeus Mozart / Lorenzo da Ponte hat mit diesem Werk in der Tat etwas ganz Besonderes geschaffen. In ihrem „heiteren Drama“ erzählen sie vom Untergang eines draufgängerischen Frauenhelden, der es am Vorabend der Französischen Revolution noch einmal wissen will. Der Inbegriff aller Verführer, der begnadete Hochstapler Giacomo Casanova höchstpersönlich, saß bei der Prager Uraufführung am 29. Oktober 1787 unter den Zuschauern. Einige Wissenschaftler und Romanschriftsteller behaupten sogar, er habe am Text der Oper mitgeschrieben, um sich in Don Giovanni selbst ein Denkmal zu schaffen. Wie dem auch sei, Mozarts sagenumwobenste Oper ist ein großartiger Abgesang auf ein aristokratisches Jahrhundert, auf eine glanzvolle, sinnliche, verschwendungssüchtige Epoche. Die zeitlose Qualität von Don Giovanni liegt dabei aber besonders in der feinsinnigen musikalischen Charakterisierung der einzelnen Bühnenfiguren: Das Orchester begleitet nicht nur das Bühnengeschehen, sondern wird selbst zur szenischen Handlung. Treibt man diese These weiter, so wäre, um das Abgründige und Spannende an Mozarts großer Oper zu vermitteln, strenggenommen gar keine Bühne nötig…

Ein Don Giovanni ohne Bühne oder gar ohne Sänger? Dass dies sehr wohl möglich ist und zum geradezu prickelnden Hörerlebnis werden kann, zeigt die vorliegende Einspielung in einer Fassung für Streichquartett aus der Feder des Mozart-Zeitgenossen Johann Nepomuk Went. Vom ersten Takt der arrangierten Ouvertüre an versinken wir im Kosmos des geheimnisvollen Frauenjägers. Wir hören das Grummeln des mürrischen Dieners Leporello, wir sehen den Komtur im Duell fallen, wir lauschen halb belustigt, halb mitleidig Donna Elviras eifersüchtigen Klagen und sind hingerissen von der zauberhaft kecken Bäuerin Zerlina.


Wolfgang Amadeus Mozart hätte sicher seine Freude an Johann Nepomuk Wents Bearbeitung gehabt. Arrangements dieser Art waren zur seiner Zeit durchaus üblich: Einerseits um aus musikalischen Einfällen ein zweites Mal Kapital zu schlagen und andererseits, um sie einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Johann Nepomuk Went war zweiter Oboist in der Kaiserlichen Harmonie Josephs II. und einer der gefragtesten Arrangeure seiner Zeit. Seine Don-Giovanni-Version für Bläser wurde dann wiederum von einem weiteren, unbekannt gebliebenen Musiker für Streichquartett bearbeitet. Die hohen technischen Anforderungen dieser Fassung meistert das international preisgekrönte Artis Quartett aus Wien auf spielerisch-elegante Weise, und zwar ohne aus der Oper einfach ein pompöses Streichquartett zu machen. Die gesangliche Linie bleibt auch in der Instrumentalfassung vorhanden. In Dalla sua pace verbreitet Don Ottavio Schmelz durch Peter Schuhmayers Violine; im berühmten Duett Là ci darem la mano umgarnt das Cello Othmar Müllers als Don Giovanni den ein oder anderen seiner Streicherkollegen in der Rolle der Zerlina. Mit einer geradezu schwindelerregend herunterwirbelnden Schlussfuge beschließen die vier Virtuosen bravourös ein außergewöhnliches Hörerlebnis auf dieser neuen ORFEO-CD. Eine ganz besondere musikalische Delikatesse zum Mozart-Jahr 2006, hervorragend geeignet auch für Opernmuffel!

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