ORFEO International – Pressetexte

Wichtige Veröffentlichungen kurz vorgestellt

Februar 2016

ORFEO 2 CD C 907 162 I

Giuseppe Verdi: Un ballo in maschera

Luciano Pavarottis Repertoire bestand aus nur wenigen Partien, in denen er allerdings immer wieder Interpretations- und Schallplattengeschichte geschrieben hat. C 907 162 I
C 907 162 I
So 1970 als Nemorino (L’elisir d’amore) an der Seite von Joan Sutherland oder 1972 als Rodolfo (La Bohème) unter Karajan – mit Mirella Freni als Mimí. Doch während bei seinem Riccardo in Verdis Un ballo in maschera in der Studioaufnahme von 1983 auch dank Georg Solti der Oberflächenglanz im Vordergrund steht, singt Pavarotti im Livemitschnitt anlässlich der Fernseh-Liveübertragung drei Jahre später unter Claudio Abbado auf der Bühne der Wiener Staatsoper mit einer musikdramatischen Unmittelbarkeit, die vom ersten Amici mei bis hin zur berührenden Sterbeszene neben viel Strahlkraft auch viele Zwischentöne hören lässt.

Schon der 27-Jährige hatte 1963 in Wien debütiert und sang später in 50 Vorstellungen von Nemorino bis Cavaradossi wichtige Marksteine seines Repertoires. Was nicht zuletzt bei Pavarotti immer wieder verblüfft, ist sein so unverwechselbar schönes, strahlendes Timbre, das sogar den (nicht nur) in seinem Fall sonst so kritischen Sängerpapst Jürgen Kesting verführt, sein Pavarotti-Kapitel in Die großen Sänger mit Singendes Erotikon zu überschreiben. Nach der berühmten Canzona Di‘ tu se fedele il flutto m’aspetta im ersten Akt dieses Mitschnitts jedenfalls explodierte zum ersten – und nicht letzten - Mal das Publikum der Wiener Staatsoper zu Recht in einem Beifallssturm.

Als Amelia war bei der Premiere - wie in der Studioaufnahme mit Pavarotti unter Solti - Margaret Price zu erleben. Die zweite Vorstellung musste schon die damals erst 25-jährige Gabriele Lechner als Einspringerin übernehmen – und tat das nicht nur mit überwältigender, flammender Jugendfrische, sondern auch erstaunlicher Leucht- und Überzeugungskraft, gerade weil man manchmal die verständliche Nervosität spürt. Man höre nur den Anfang des zweiten Akts, wenn Amelia in nächtlicher Einsamkeit angsterfüllt den geliebten Riccardo erwartet – und ihn schließlich trifft: so wahrhaftig ist das selten zu erleben. Aber auch die russische Mezzosopranistin Ludmila Schemtschuk als Wahrsagerin Ulrica betört durch Leidenschaft und profunde Tiefe.

Dem Wiener Publikum seit Jahrzehnten bestens bekannt war Piero Cappuccilli. Auch er ist unverwechselbar in seinem Timbre und seiner musikalischen Gestaltung. Wie viele berühmte Verdi-Baritone ist er zwar nicht frei von Eitelkeit, was aber seiner Verkörperung des eifersüchtigen Gatten von Amelia und Freundes von Riccardo keinen Abbruch tut.

Claudio Abbado war seit Herbst 1986 neuer Musikdirektor des Hauses, an dem er zwei Jahre zuvor mit großem Erfolg debütiert hatte. In den Jahren bis 1991 prägte er das musikalische Geschehen der Wiener Staatsoper, zum Teil im Haus am Ring, zum Teil bei Koproduktionen am Theater an der Wien, aber auch auf Gastspielen der Staatsoper. Wie immer – und nicht nur bei Verdi – überzeugt auch hier sein Beharren auf schlankem, sehnig-gespanntem Musizieren (der Wiener Philharmoniker), das ganz im Dienste des musikalischen Dramas steht und den Sängern stets ein inspirierter Begleiter ist.

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